Mit dem Allrad-Camper durch Peru 2015

Wie wir ausgerechnet auf Peru kommen? Nun, im letzten Jahr sind wir mit einem 4x4 Camper von Chile bis nach Brasilien gefahren. Am Paso de Jama, dem 4700m hohen Andenpass zwischen Chile und Argentinien kam uns ein Reisebus entgegen. Mit einem Peruanischen Nummernschild. Da uns die Mentalität der Südamerikaner und die Landschaft hier bisher sehr angesprochen hat, war unsere Neugier geweckt. Peru - ob es da auch Camper zu mieten gibt?

Und tatsächlich - im Internet sind wir fündig geworden: http://www.rvperu.com vermietet Hilux-Geländewagen mit Popup-Kabine.

Der Plan war geboren, die Reiseführer (Reise-KnowHow und Lonely Planet) sowie eine Strassenkarte waren schnell besorgt.

Alberto Sacio von rvperu war neben der Autovermietung eine große Hilfe bei der Tourplanung. Der Mann spricht fliessend Englisch und weiss vor Ort perfekt Bescheid über die Strassenverhältnisse. So konnten wir also den Zeitbedarf für die Einzeletappen einigermassen vorausplanen.

Das Tagebuch

29.08.2015

Unser Abflug nach Lima gestaltet sich human - erst am Mittag hebt unser Flieger von Hamburg nach Frankfurt ab. Von dort geht es mit der Lufthansa nach Bogota/Kolumbien. Ein weiteres Mal müssen wir umsteigen, Taca-Peru bringt uns von Bogota nach Lima.

30.08.2015

Um 2 Uhr Nachts kommen wir in Lima an. "Nehmen Sie um Himmels willen nur lizensierte Taxis" steht im Reiseführer. Und sofort sind wir natürlich umringt von ungefähr 2000 "Piraten". Wir lehnen deren Angebote dankend ab. Die Herren denken, es geht uns um den Preis. Und schwupps sinken die Angebote. 50 Soles, 40 Soles, 20 Soles. Uns geht aber nicht um den Preis, sondern um die Sicherheit. Jochen schnappt sich den aufdringlichsten Fahrer und bietet an, wenn er uns 50 Soles gäbe würden wir mitfahren. "Ok", lacht der Fahrer, "machen wir !". Wir lehnen trotztdem dankend ab und nehmen ein lizensiertes Taxi. Mit Quittung, was sich noch als sehr nützlich herausstellen sollte.

Um 2.30Uhr kommen wir im Ibis Miraflores an. Eigentlich wollen wir eigentlich nur noch schlafen. Nach der langen Anreise. Wir checken also ein und gehen auf's Zimmer.

Spontan fängt Barbara an zu schreien: "Sch...." !!!!

Sie hat im Taxi Ihre Bauchtasche abgenommen und im Fußraum des Wagens gelagert. Wegen der Überfälle, die in einigen Gegenden von Lima gerne mal auf Taxis stattfinden. Rote Ampel, Tür auf, Tasche blitzschnell rausgezerrt - so funktioniert das normalerweise.

Die Tasche war gut gefüllt mit Kreditkarte, EC-Karte sowie unseren kompletten US-Dollar-Bargeldbeständen. Barbara wird schlecht...

Wir sind also zurück zur Rezeption. Zum Glück haben wir eine Quittung, auf der die Telefonnummer des Taxiunternehmens steht. Wir haben natürlich sofort dort angerufen und nach 10 Minuten hat das Unternehmen im Hotel zurückgerufen: Leider könne der Fahrer nichts finden.

Wir beschliessen, zum Flughafen zurückzufahren um beim Suchen zu helfen.

Das Hotel hat uns ein Taxi gerufen und nach 10 Minuten Fahrt klingelt dann das Telefon des Fahrers. Es ist das Hotel. Das Flughafentaxi hat dort nochmal angerufen - der Fahrer hätte nochmal genauer nachgesehen und die Tasche unter dem Fahrersitz gefunden. Er sei schon auf dem Weg zum Hotel.

Wir sind also umgedreht und da stand auch schon das Taxi von der Hinfahrt. Das glückliche Ende der Geschichte: wir haben alles wiederbekommen, es fehlte kein Cent ! Peru konnte also schon die ersten Punkte sammeln.

Wir sind nach dieser Episode dann umgehend an die 24h geöffnete Hotelbar um den glücklichen Ausgang zu feiern.
Um 4 Uhr morgens sind wir dann endlich ins Bett.

Wir schlafen bis zum späten Vormittag und erwischen gerade noch rechtzeitig das reichhaltige IBIS-Frühstücksbuffet.

Leider funktionieren unsere Reflexe immer noch nicht wieder so richtig, denn Jochen hat sein Handy irgendwo vergraben.

Wir suchen ca. eine Stunde und sind kurz davor, die SIM sperren zu lassen. Es lag letztendlich unter den Reisetaschen auf dem Fussboden. Wie soll das bloss werden, wenn wir erst in dem 2x2 m Wohnkoffer wohnen?

Miraflores ist sehr hübsch - es scheint der "Venice Beach" von Lima zu sein. Es stehen unglaublich viele Fitnessgeräte an der Strandpromenade und irgendwie sind alle mit Joggen und Fahrradfahren beschäftigt.

Wir gehen erstmal "shoppen": wir kaufen uns eine Peruanische SIM-Karte der Firma Claro. Damit können wir auch unterwegs ins Internet und Bilder und Berichte in unser Reiseforum hochladen. Ein SIM-Karte zu finden, war nicht einfach. Viele Läden können prepaid-Karten aufladen aber nur wenige können SIM-Karten registrieren. Fündig werden wir nach einigem Durchgefrage im "Ripley", dort gibt es SIM-Karten für alle großen Netze: Entel, Claro, Movistar. Wir haben uns für Claro entschieden, weil Jochens HTC-Telefon die Entel-SIM partout nicht erkennen wollte.

Nicht weit von unserem Hotel gibt es eine Mall direkt an der Küste. Mit Kino, Theater und Restaurants: das Larcomar. Hier essen wir auch zu Abend:

31.08.2015

Es ist vollbracht, wir haben Räder ! Pünklich um 8.30Uhr steht Alberto Sacio von rvperu in der Hotellobby. Er hatte uns angeboten, mit uns noch einige Lebensmittel einzukaufen, um den Kühlschrank unseres Autos zu bestücken. Wir laden das Gepäck in seinen PKW und fahren zu einem Supermarkt.

"Kauf hier mal lieber die wichtigsten Sachen, unterwegs wird das Eingebot ein weing eingeschränkter sein", rät er uns. "At least, shopping will be more adventurous in those little shops !"
Das Auto ist prima. Von Alberto bekommen wir noch ein GPS ausgehändigt. In diesem sind bereits alle interessanten Etappen und diverse sichere Übernachtungsplätze als Wegpunkte hinterlegt. Ausserdem gibt er uns zwei Reisebücher mit ausführlichen Streckenbeschreibungen sowie den Ausdruck einer Beschreibung einer von Ihm selbst zusammengestellen Route mit auf den Weg. Prima, dann kann ja nichts mehr schiefgehen. Dieser Service geht weit über den einer Autovermietung hinaus. Zusätzlich bietet er uns an, eine Flasche Sauerstoff mitzunehmen. Wir lehnen dankend ab - ein Fehler, wie sich später herausstellen sollte.

Da wir den Camper am südlichen Rand von Lima übernommen haben, müssen wir nicht durch die Stadt. Schnell sind wir auf der Autobahn.

Alberto hat uns ein paar Tipps mit auf den Weg gegeben. Der Erste betrifft die vielen Mautstationen, die überall im Land verstreut sind - sowohl auf der Autobahn bei Lima wie auch auf dem Land. Man zahlt dort i.d. Regel kleine Beträge, je nach Länge der Strecke - wir haben zwischen 3,90 Soles (= ca. 1,07€) bis 12 Soles (=ca. 3,33 €) bezahlt.

Es wird an den Mautstellen immer die gleiche Frage gestellt: "¿Boleta o Factura?" Die Antwort hierauf ist für den Tuoristen "Boleta, por favor", die "Factura" mit ausgewiesener Steuer braucht man nur für geschäftliche Zwecke.

Der zweite Tipp betrifft die vielen Polizeikontrollen: "Ihr werdet entweder nie oder 10 Mal kontrolliert. Gebt auf keinen Fall Geld !".

Nun, wir sind ungefähr 15 Minuten unterwegs, da werden wir herausgewunken. Vor einer Kontrolle wird die Geschwindigkeit von 100 km/h auf 35km/h und schließlich auf 30km/h reduziert. Da wir den Polizeiwagen schon von weitem entdecken, halten wir uns artig daran.

Der Polizist, der uns herauswinkt, behauptet, wir wären 35 gefahren, obwohl das Schild 30 zeigt. Jochen fragt, wie er das denn gemessen hätte - mit Radar oder Laser? Der Polizist sagt, mit Radar. "Aha", sagt Jochen, "dann würden wir gerne ein Foto sehen !" Der Polizist murmelt, man hätte schon irgendwo ein Foto, nur jetzt nicht so direkt greifbar... "Und ausserdem", sagt Jochen "sind 5 km/h drüber ja wohl innerhalb der Toleranz !"

"Stimmt", sagt der Polizist "¡Buen viaje!". Na also - geht doch.

Im weiteren Verlauf unserer Reise werden wir noch ungefähr 10x angehalten, die allermeisten Polizisten wollen aber nur quatschen, freuen sich über uns und wollen wissen, wie uns Peru gefällt. Im allgemeinen sind hier alle freundlich, hilfsbereit und unaufgeregt.

Nach ca. 3,5 Stunden erreichen wir unser erstes Etappenziel: den Paracas Nationalpark, ca. 250km südlich von Lima. Es ist immer noch Nachmittag, daher besuchen wir den "Land"-Teil des Nationalparks. Hier können wir das erste Mal die "Offroad"-Fähigkeiten unseres Toyotas ausprobieren und wie immer enttäuscht uns der Hilux nicht.

Videoclip: der Hilux im Paracas Nationalpark

Die Landschaft hier ist wunderschön, das eigentliche Highlight des Nationalparks liegt jedoch vor der Küste: die Islas Ballestas, auch das "Galapagos des kleinen Mannes" genannt. Wir sind gespannt und wollen morgen eine Bootsfahrt dorthin übernehmen.


Hier unser Auto und eine windzerzauste Barbara:

Fischer bei der Arbeit und Gäste, die warten, dass etwas für sie abfällt:

An mehreren Stellen im Nationalpark ist das Campen ausdrücklich erlaubt, jedoch rät unser Reiseführer ausdrücklich davon ab, da hier schon Überfälle auf zeltende Camper vorgekommen sind.

Albertos GPS hält für uns einen sicheren Schlafplatz bereit - ein Stellplatz etwas außerhalb des Parks an einer kleinen Lagune - unser Schlafplatz für die Nacht:

01.09.2015

Der Tag war unglaublich. Am Morgen fahren wir zum nahe gelegenen Hafen und begeben uns vertrauensvoll in die Hände eines Schleppers.

30 Minuten später sitzen wir auf einem Boot, das uns zu den Islas Ballestas bringt. Das "Galapagos des kleinen Mannes", soso - jetzt wissen wir auch warum.

Die Felsen der Inseln sind voll mit Pelikanen, Pinguinen und Seelöwen. Ganz dicht fahren wir an die Kolonien heran, die Tiere lassen sich in keinster Weise stören. Sie sind ja auch eindeutig in der Überzahl. Das Boot fährt sogar durch eine brandungsumtoste Höhle, die Felsen dort schillern in allen Möglichen Farben.

Der absolute Wahnsinn, das hätten wir nicht erwartet.

Eine Firma hat auf den Felsen übrigens eine Konzession um den Guano abzukratzen. Aus Umweltschutzgründen geschieht dieses nur alle 8 Jahre, da dürfte so einiges an Guano zusammenkommen. Der Geruch ist jedenfalls auch "atemberaubend" !

Als wir wieder in den Hafen einlaufen, sind auch gerade einige Fischerboote eingetroffen. Diese haben weitere "Tischgäste" im Schlepptau und auf einmal ist unser Boot von Delphinen umringt. Wow, was für ein toller Abschluß unseres Ausfluges !

Wir nehmen an der Flaniermeile nahe des Piers ein spätes Frühstück ein. Und wir sind nicht die einzigen: uns gegenüber füttert ein alter Mann einen zahmen Pelikan mit Fischresten.

Da es noch nicht einmal Mittag ist, beschließen wir nach Nazca aufzubrechen. Die Strecke führt uns auf guter Strasse durch die Wüste und nach etwas über 3 Stunden treffen wir dort ein. Kurz nach 14Uhr - sollen wir es wagen? "Flugangst-Barbara" ist sich nicht sicher, wir steuern beherzt als erstes den kleinen Flugplatz an. Dann geht auf einmal alles sehr schnell - Barbara kann gar nicht erst nachdenken: wir werden gewogen, einige US-Dollar wechseln den Besitzer und schwupps finden wir uns auf dem Rücksitz einer kleinen Cessna wieder. Das ist also der Trick - sie darf einfach keine Zeit zum Nachdenken haben !

Videoclip: Takeoff mit der Cessna

Die kleine Maschine schaukelt uns ganz schön durch aber der Blick auf von oben auf die Geoglyphen (=Nazca-Linien) lohnt sich auf jeden Fall. Leider haben aufgrund des Wackelns unsere fotografischen Fähigkeiten versagt - weder mit der Fotokamera noch mit der GoPro haben wir auch nur eine Figur "komplett" eingefangen. Egal, der Flug war auf jeden Fall ein tolles Erlebnis.

Nazca selbst ist laut und wühlig, die "Panamericana Sur" führt direkt durch den Ort und es herrscht ein unglaublicher Verkehr. Es ist schon als Fussgänger extrem schwierig, auf die andere Strassenseite zu wechseln, mit dem Auto ist es ungleich schwieriger. Dicht an dicht und mit hoher Geschwindigkeit schiebt sich ein nicht enden wollender Lindwurm aus Blech durch den Ort.

Als Stellplatz für die Übernachtung empfiehlt Albertos Routenbeschreibung den Hof des Hotels "Maison Suisse". Leider ist das Hotel geschlossen: man habe ein Mosquito-Problem und es wurde gerade großflächig Insektizid gesprüht.

Egal, wir finden ein ähnliches Etablissement: das Hotel "Fundo San Rafael" liegt etwas abseits vom Trubel der Hauptstrasse und hat einen sicheren Stellplatz für unseren Camper. Plus eine saubere Toilette und eine heisse Dusche.

02.09.2015

Für heute bleibt Nazca unsere Basis, denn es gibt hier in der Umgebung viel zu sehen.

Als erstes Fahren wir zur Nekropole von Chauchilla. Von der Panamerikana zweigt südlich von Nazca eine staubige Piste ab, nach insgesamt ca. 28km Fahrt gelangt man zur Begräbnisstätte der Nazca.

Hier liegen 2000 Jahre alte Mumien in offenen Grab-Löchern - perfekt vom Klima der Wüste konserviert - inklusive der Bekleidung:

Und sowas liegt hier einfach im Sand rum. Überall:

In der Nähe gibt es dann - nach weiterer Pistenfahrt - Cahuachi zu bewundern - ein Tempel und Verwaltungszentrum der Nazca, aufgegeben ca. 500 n.Chr.:

Da wir In den nächsten Tagen in deutlich höhere Gegenden aufsteigen werden und uns vor Anbruch der Dunkelheit noch etwas Zeit bleibt, beschliessen wir, einen Ausflug in die nahen Anden zu unternehmen. Um uns wegen der Höhenkrankheit zu akklimatisieren. Von Nazca aus erreicht man nach ca. 85km die 4000m-Marke. Die Serpentinenstrasse ist recht abenteuerlich. Es gibt grösstenteils keine Leitplanken und die Kurven sind teilweise so eng, dass der entgegenkommende LKW (i.d. Regel riesen Ami-Trucks) zwangsläufig auf die Gegenfahrbahn muss...

Hier beginnt der Nationalpark "Pampa Galeras" - dort gibt es viele Vicuñas, die kleine und wildlebende Verwandtschaft von Alpaka, Lama und Guanako.

03.09.2015

Das Tagesziel heute sollte Arequipa sein. Wir sind also ambitionierte 600km auf der Panamericana gefahren. Serpentinen rauf, Serpentinen runter. Während man einen der vielen Heizöllaster (¡Peligro - combustible!) überholt wird man gleichzeitig selbst von weiteren Heizöllastern überholt.

Links Felsen, rechts 200m Abgrund ohne Leitplanke. Bei Einbruch der Dunkelheit sind wir dann im Stadtverkehr von Arequipa gelandet und dieser ist bei Dunkelheit ein absoluter Genuss. Fast besser als Kairo.
Genau dass, was man braucht, wenn man 10 Stunden (solange braucht man hier für 600km) gefahren ist.

Der Peruaner fährt in keinster Weise defensiv. Auch nicht aggressiv. Er fährt "progressiv", daran müssen wir uns gewöhnen. Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Eine Lücke schaffen um andere hereinzulassen - damit ist hier eher nicht zu rechnen.

Autos links, Autos rechts, Autos von vorne und von hinten. Kommt eine Kreuzung dann fahren einfach alle so schnell wie möglich los um sich in der Mitte dann unter lautem Gehupe hoffnungslos ineinander zu verkeilen. Die spinnen, die Peruaner...

Der Übernachtungs-Waypoint war heute ein Stellplatz am "Las Mercedes Hostal" in Arequipa. Im dichten Verkehrsgewühl finden wir das Hostal auch - leider finden wir nur ein verschlossenes Stahltor direkt an einer Hauptstrasse. Anhalten und unseren Panzer da eventuell auf den Hof zu zirkeln würde unseren sicheren Tod bedeuten. Dank unserer Claro-SIM-Karte haben wir mobiles Internet und wir googeln die Telefonnummer des Etablissements. Vermutlich hätten wir eine andere regionale Vorwahl benötigt, keine Ahnung. Claro jedenfalls behauptet, die Nummer sei nicht vergeben.

Entnervt nehmen wir das erste Hotel, das wir finden. Egal: essen, schlafen - dann eben ausserhalb des Autos. Wir sind jedenfalls erstmal froh, das schöne Auto heilgelassen zu haben, nicht umgebracht worden zu sein und niemanden umgebracht zu haben. Jetzt müssen wir uns erstmal verpusten, denn morgen geht es in die in die Berge.

04.09.2015

Eigentlich wollten wir heute zum Colca Canyon. Der Canyon ist tiefer als der Grand Canyon und man kann dort Kondore beobachten. Über abenteuerliche, unbefestigte Piste haben wir uns über Stock und riesige Wackersteine auf 4300m Höhe gekämpft. Eigentlich gibt es auch eine Asphaltstrasse, aber mit Hilfe unseres GPS haben wir es geschafft, diese zu verpassen. Asphalt kann jeder.

Leider mussten wir ca. 100km vorm Canyon aufgeben, da Barbara Symptome von Höhenkrankheit (Schwindel, Kopfschmerzen)
gezeigt hat. Mit sowas ist nicht zu spassen, die Luft ist schon sehr dünn da oben. Was da am besten hilft, haben wir letztendlich gemacht: wir sind in tiefere Gefilde abgestiegen. Zur Unterstützung hat uns eine alte Indio-Frau die am Straßenrand Ihre Alpakas gehütet hat, noch ein paar Koka-Blätter zu kauen gegeben. Ob's nun an den Blättern lag oder am Abstieg - die Symptome sind wieder verschwunden. Alleine für den Weg hat es sich aber schon gelohnt. Und wieder sind wir ein Stück besser akklimatisiert.

Die Nacht verbringen wir wieder in Arequipa. Ein kleines Hotel hat zwar keinen Stellplatz, aber eine Tiefgarage in die unser Panzer so gerade eben hineinpasst. Und schon wieder übernachten wir nicht im Auto. Egal, es ist sicher nicht sinnvoll, sich hier irgendwo an den Stadtrand zu stellen und das Zimmer ist sauber und preiswert (20USD).

05.09.2015

Heute sind wir um 7 Uhr Morgens nach Puno an den Titicaca See aufgebrochen. Puno liegt auf 3800m Höhe und der Weg dahin hat uns 5 Stunden gekostet. Der höchste Punkt, den wir dabei überquert haben, lag bei 4580m. Barbara geht es nicht gut mit der Höhe, warum haben wir bloss Albertos Sauerstoff liegenlassen?

Rückblickend hätten wir uns einen Tag länger akklimatisieren sollen - es ist aus der Ferne und anhand einer Karte bzw. Google maps halt schwer zu planen.

Jetzt ist es halt so - wir sind jetzt "auf Höhe" und ein schneller Abstieg ist nicht möglich. Die dünne Luft fordert nach wie vor ihren Tribut. Vor allem Barbara geht es damit nicht so gut. Wir machen es jetzt wie die Einheimischen: wir haben jetzt einen Beutel Koka-Blätter käuflich erworben und sind sozusagen mit vollen Backen hier angekommen. Barbaras Bedingung für die Nacht: ein Hotel mit Sauerstoff.

Puno selbst ist unheimlich wühlig. Die Stadt ist an einem Berghang gebaut und hier ist unglaublich viel los. Die Gassen sind teilweise sehr, sehr eng - das haben wir bei der Hotelauswahl nicht bedacht. Das City-Hotel, für das wir uns entschieden haben, hat keinen Stellplatz vor der Tür. Die Gassen sind teilweise so eng, dass wir Schwierigkeiten haben, mit unserem Panzer um die Kurven zu kommen. Ganz zu schweigen von den teilweise irrwitzigen Steigungen - wie gesagt: die Stadt ist an einen Berghang errichtet. Wir haben uns mit letztendlich unserem Panzer erfolgreich durch die schmalen Gassen gekämpft - teilweise passte kein Blatt mehr zwischen uns und Hauswand/Obstlaster/Tuktuk.

Am Hafen angekommen - es ist früher Nachmittag - unternehmen wir eine Bootsfahrt zu den schwimmenden Schilf-Inseln der Uros:

Barbara braucht noch einen Kokatee:

Unser "Sauerstoff-Hotel" liegt etwas ausserhalb - es ist eher die gehobenere Klasse. Egal, es geht um Barbaras Gesundheit. Der Sauerstoff-Service ist kostenlos und verschafft sofort Linderung.
Die Situation mit der Höhe wird sich ab morgen bessern. Wir wollen morgen auf die andere Seite der Anden. Dort beginnt der Amazonas-Regenwald. Unser erster Stopp heisst Puerto Maldonado, von dort aus wird uns ein Boot den "Rio Madre de Dios" und dann den "Tambopata"-Fluss herunterschippern. Wir werden 3 Nächte im Urwald verbringen und hoffentlich jede Menge interessante Viecher zu sehen bekommen. Den "Urwald-Spot" haben wir auf Empfehlung von Alberto von Deutschland aus gebucht. In den Nationalpark wird man aus Gründen des Umweltschutzes in geführten Gruppen hineingelassen, der von uns gewählte Anbieter hat eine "City Lodge" in Puerto Maldonado und eine Lodge direkt im Urwald.

Den Zeitbedarf für die Fahrt von Puno nach Puerto Maldonado können wir schlecht abschätzen, denn die meisten Routenbeschreibungen im Internet beschreiben die Route Cusco-Puerto Maldonado. Einen einzigen Hinweis auf den Zustand der Strecke Puno - Puerto Maldonado finden wir. Dort ist die Rede von "größeren Streckenteilen" die aus schlechter Piste bestehen und es wird ein Zeitbedarf von 17 Stunden genannt. Etwas verunsichert entschließen wir uns, bei unserem Lodgebetreiber in Lima anzurufen, um die Urwaldtour nötigenfalls einen Tag zu verschieben. "Kein Problem!", bedeutet man uns. "Die Strasse ist gut, Ihr braucht ca. 8 Stunden". Na dann...

Bei der Strasse handelt es sich übrigens um die "Interoceanica" - also die Strasse, die tatsächlich den Brasilianischen Atlantik mit dem Peruanischen Pazifik verbindet. Das sollte die Transamazonica eigentlich auch, im Gegensatz zur Interoceanica wurde diese aber nie fertiggestellt.

06.09.2015

Aufgrund der widersprüchlichen Aussagen zur Qualität der Strasse brechen wir sehr früh in Puno auf. Ab 5 Uhr gibt es Frühstück, sagte der Portier. Leider schläft der Koch noch, wird aber für uns geweckt. Um Punkt 6Uhr sitzt Jochen hinterm Steuer. Das erste Malheur erleben wir dann im 42km entfernten Juliaca: die Hauptstrasse wird gerade neu gebaut aber trotzdem benutzt: eine Schlammwüste mit metertiefen Löchern und mal wieder ein unglaublich "progressives" Verkehrsgewühl. Ausserdem: zwischen uns und dem Urwald noch einmal ein 4700m-Pass und dann einige Kilometer Dschungel.

Naja, sollte es doch noch ein undurchdringliches Stück Piste kommen: (kein Witz) unser Auto hat als Standardausstattung für solche Fälle eine Machete zwischen den Frontsitzen. Falls wir uns den Weg freischneiden müssen. Oder zur Selbstverteidigung.

Ein Pistenstück finden wir nicht vor, stattdessen durchgehend sehr gute (neue?) asphaltierte Strasse.

Unser Auto hat auch schon etwas Patina angesetzt:

Die obligatorische Kaffeepause unterwegs ist ein Muss:

Nach Überquerung des Passes geht es über steile Serpentinen bergab - der Übergang in den Urwald gestaltet sich "fliessend", da ab einer gewissen Höhe der Bergurwald beginnt. Sofort sehen wir kleine Papageien, die immer wieder über die Strasse fliegen und ein großer, bunter Schmetterling verirrt sich durch die geöffneten Fenster in unser Auto.

Aus dem Wald am Rand der Strasse dringt ein ohrenbetäubender Lärm - alles, was so kreucht und fleucht scheint sich zu einem Konzert versammelt zu haben.

Für die Fahrt brauchen wir - aufgrund der vielen Serpentinen ohne Leitplanke - dann doch eher 11 Stunden und kommen am späten Nachmittag in Puerto Maldonado an. Puerto Maldonado ist - verglichen mit Puno - eher aufgeräumt. Ein ehemaliges Goldsuchernest, eine Brücke führt über den Rio Madre de Dios, kurz danach beginnt Brasilien.

Schon irre: heute morgen in Puno mussten wir Eis kratzen und jetzt sind wir mitten im Urwald bei gefühlten 40 Grad.

Direkt an besagter Brücke liegt unsere City Lodge. Die Besonderheit: Für den Bau der Brücke wurde ein Stück Urwald am Flussufer gerodet. Die dort lebende Faultierpopulation hat sich auf das in den "Restwald" hineingebaute Gelände der City-Lodge zurückgezogen, ist dort geblieben und vermehrt sich seitdem prächtig:

Jetzt, wo wir die höheren Lagen wieder verlassen haben, geht es Barbara auch wieder gut. Morgen werden wir per Boot in den Urwald aufbrechen. Wir freuen uns auf das Viechzeugs, das uns hoffentlich vor die Linse kommt.

07.09.2015

Wir haben trotz der Hitze gut geschlafen. Nach dem Frühstück müssen noch auf einen Kleinbus warten, der weitere "Expeditionsteilnehmer" vom kleinen Flugplatz des Ortes abholt. Gegen 13Uhr kommt der Bus und mit 10 weiteren Touristen werden wir nach ca. einer Stunde Autofahrt über eine ruckelige Piste an einer Bootsanlegestelle abgeladen. Unser Boot bringt uns weitere 3 Stunden flussaufwärts zu unserer Lodge. Auf dem Weg dahin bekommen wir schon mal einen ersten Eindruck vom Regenwald. Geschickt durchfährt unser Bootsführer immer wieder Stromschnellen mit brausendem Wasser, dicht an großen Felsbrocken oder im Wasser liegenden Baumstämmen vorbei.

Am Ufer sehen wir unsere ersten Capybaras (Wasserschweine):

Das Mittagessen wird während der Bootsfahrt serviert: ein leckeres, in ein Bananenblatt eingewickeltes Reisgericht.

Die Lodge selber liegt sehr schön in der Urwald eingebettet - man legt hier sehr viel Wert auf nachhaltigen und umweltschonenden Tourismus.

Strom gibt in den Zimmern nicht - es gibt nur das spärliche Licht von durch Solarpanels gespeisste LED-Lämpchen.

Neben uns sind bereits andere Touristen da: ein Pärchen aus Spanien, mehrere US-Amerikaner und ein Pärchen aus Kanada. Unser Nachbar stammt aus Las Vegas und ist Fotograf. Wir verbringen eine nette Zeit mit der bunt gemischten Truppe.

Eine erste Wanderung durch den die Lodge umgebenden Urwald ermöglicht uns dann tiefere Einblicke, unser Guide erzählt uns viele interessante Dinge über heilende Pflanzen, wie man sie anwendet und wogegen sie helfen.

Nach dem Essen gibt es dann als Zugabe noch eine Nachtwanderung. Jeder nimmt seine Taschenlampe mit. Wow, ganz schön tarantellastig hier:

Mittendrin bittet uns der Guide, alle Lampen für einen Moment auszuschalten. Unglaublich, kein Mond- oder Sternenlicht dringt durch das dichte, grüne Dschungeldach.

Unser Guide erzählt uns dann noch, wie auf einer anderen Lodge (die versehentlich auf einem alten Indio-Friedhof gebaut wurde, na klar !) nachts immer wieder ein alter, weissegekleidter Geist um die Hütten geschlichen ist. Da musste dann der Schamane aus Cusco anrücken, seitdem ist Ruhe.

Hat geklappt - es hat uns allen geschaudert !

Schön ist es hier und die Geräuschkulisse ist nachts noch intensiver.

Soundfile: der Urwald bei Nacht

08.09.2015

Um 4 Uhr klingelt unser Wecker: heute bringt uns das Boot weitere 2 Stunden flussaufwärts. Im Stockdunklen umschifft unser Bootsführer weitere Stromschnellen. Uns ist das total unheimlich, aber er macht das wohl öfter. Wir sehen jedenfalls nicht die Hand vor Augen - wir hören nur das tosende Wasser.

Irgendwann dämmert es. Jetzt sind wir also insgesamt 6 Stunden von der "Zivilisation" entfernt und auf dem Weg zu den Claylicks. Die "Claylicks" sind Minerallecken am Ufer des Flusses, die von Papageien zur Aufnahme von Mineralien genutzt werden. Eine Theorie besagt, das die Papageien diese Mineralien unter anderem benötigen, um Toxine zu neutralisieren, die sich in den von Ihnen verzehrten Früchten befinden.

Der "Beobachtungspunkt" liegt auf einer kleinen Insel mitten im Fluß, von dort aus können wir aus nächster Nähe das Spektakel beobachten, ohne die Vögel zu stören:

Soundfile: der Sound des Claylick

Es herrscht ein Heidenradau und wir finden das Geschehen unglaublich. Der Guide hat ein leckeres Frühstück mitgebracht: hartgekochte Eier, Banane, Sandwich. Etwas bizarr, vor dieser Kulisse zu frühstücken, aber unglaublich schon.

Nach Rückkehr zur Lodge geht es stramm weiter: "wenn Ihr Lust habt, machen wir noch eine kleine Wanderung", meint der Guide. Klar haben wir !

Jochen und der Guide kriechen in ein hohlen Baum. Dort wohnen ein Skorpion und eine Fledermaus:

Wir sehen vile interessante Dinge, unter anderem den "walking tree". Dieser Baum richtet sich nach der Sonne aus und bildet oberirdische Wurzeln- ähnlich wie eine Mangrove. Zum Sonnenlicht hin werden immer neue Wurzeln gebildet, während die der Sonne abgewandten Wurzeln absterben. So schafft es der Baum, ca. 20cm im Jahr "zu laufen" .

Wir erfahren so einiges über das Lebensmittelangebot des Urwaldes und Barbara ist überrascht, wie so eine Termite frisch aus dem Bau schmeckt.

Mmmh, Lecker !

Auch die Schmetterlinge haben Ihre "Claylicks":

Nach Sonnenuntergang besteigen wir wieder das Boot und im stockdunkler Nacht geht es mal wieder über den Fluss. Sporadisch lässt unser Guide einen Suchscheinwerfer aufblitzen. Ihre rot reflektierenden Augen verraten die Kaimane, von denen es jede Menge am Ufer des Flusses gibt:

Den Abend lassen wir zusammen mit den anderen Touris bei einem Bierchen ausklingen.

09.09.2015

Nach 4 Stunden Bootsfahrt erreichen wir wieder die Lodge in Puerto Maldonado. Dort besteigen wir kleineres Boot, es geht zum "Lago Sandoval". Ausser uns sind drei weitere Touristen dabei- ein älteres Ehepaar aus Spaniern und eine sehr nette US-Amerikanerin Chinesischer Abstammung aus San Francisco. Nach ca. 40 Minuten Fahrt auf dem Rio Madre de Dios legen wir am Ufer an. Über eine Landbrücke gelangen wir nach ca. 3 km Fussmarsch (kein Spass bei sengender Hitze!) ein kleines Flusswäldchen, in dem ein Kanu auf uns wartet. Hier gibt es Anacondas, Riesenotter, Affen und vieles mehr. Mit dem Kanu geht es durch Wäldchen, direkt auf den Sandoval-See. Die Spanier zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass sie lieber die anderen paddeln lassen und ernten die Missgunst aller Mitreisenden.

Anancondas sehen wir nicht, dafür gehen aber die seltenen Riesenotter schnaufend direkt vor unserem Boot auf Fischfang. Leider war unser fotografisches Geschickt für die flinken Tiere mal wieder nicht ausreichend.

Dafür gibt es in den Bäumen rund um den See jede Menge Affen, scheinbar ohne große Scheu:

Und jede Menge anderes Getier:

Auch dieser Tag war ein schöner Tag, am Ende der Tour sind wir kaputt, aber glücklich. Völlig erledigt fallen wir in die Federn.

Morgen werden wir voraussichtlich Richtung Ollantaytambo aufbrechen, danach wollen wir zum Machu Picchu.
Dagegen spricht nur, dass Jochen gerade ein Fieber entwickelt. Das kommt gut bei 40 Grad Außentemperatur. Aber Irgendwas ist ja immer.

10.09.2015

Die Fahrt nach Ollantytambo - in das "Sacred Valley" der Inkas war ein Kinderspiel. Jochen geht es - abgesehen von sporadischen Bauchkrämpfen - besser, die Strasse ist hervorragend und die Landschaft mal wieder atemberaubend schön. Unterwegs gibt es an der Strasse viele, viele Verkaufstände, die Bananenstauden verkaufen. Unserem Wunsch nach nur 4 Einzelbananen wird verwundert stattgegeben - der Geschmack ist einzigartig "bananig". Das ist schon etwas anderes als unsere Industriebananen.

In Ollantaytambo angekommen müssen wir leider feststellen, dass alle Campingplätze ausgebucht sind. Und Albertos Stellplatz-Wegpunkt ist zur Baustelle mutiert. Egal - nach einiger Diskussion dürfen wir auf der Baustelle übernachten. Das hat einen gewaltigen Vorteil, denn die liegt mitten in der Stadt. 200m nach rechts und man ist bei den Kneipen, 200m nach links und man ist am Bahnhof, von wo der Zug nach Machu Piccu abfährt. Eine gute Wahl!

Das soll also unsere Basisstaion für die nächsten Tage sein, den morgen wollen wir uns die Sehenswürdigkeiten des Sacred Valley ansehen und übermorgen wollen wir mit dem Zug zum Machu Piccu.

Auf Anraten des Baustellenbesitzers erwerben wir am Bahnhof von Ollantaytambo schnell noch die Tickets für den Zug nach Machu Picchu.

Wir finden, die Firma Peru-Rail ist ähnlich gut organisiert wie das Straßenverkehrsamt im Kreis Steinburg. Man muss eine Nummer ziehen und warten, bis man aufgerufen wird.

11.09.2015

Heute haben wir Ollantaytambo und die Umgebung, also das Sacred Valley der Inkas unsicher gemacht.

Zuerst noch mal ein Einblick in unsere geräumige Dusche (heisses Wasser !). Im Hintergrund unsere Baustelle:

Ollantaytambo ist ein nettes kleines und sehr touristisches Städtchen:

Die Inkas haben hier viele alte Steine hinterlassen - z.B. die Inka-Tempelburg Ollantaytambo:

Über eine steile und schmale Schotterpiste erreicht man eine Saline, die von einer stark salzhaltigen Quelle gespeist wird. Die Inkas haben dieses Wasser über Terrassen laufen lassen, um das Salz zu gewinnen. Das wird heute noch genauso genutzt:

Moray: angeblich haben die Inka hier Versuchspflanzungen unternommen und mit dem Mikroklima auf den verschiedenen Terrassenstufen experimentiert:

Nach unserer Ausfahrt machen wir erstmal eine Mittagstunde auf unserer Baustelle (die Flex ist gerade einen Moment aus) und gehen danach auf ein Stück Schokokuchen in die "City", später gibt es dann etwas "Gehaltvolleres" mit Bier.

12.09.2015

Unser Wecker klingelt um 3.30Uhr, denn heute ist Machu Picchu das Etappenziel. Zur Erklärung: Machu Picchu ist nicht per Strasse zu erreichen - nur zu Fuss oder per Zug. Der Aufstieg zum Berg beginnt im Örtchen Aguas Calientes. Dorthin führt nur ein Bahngleis. Man kann mit dem Auto bis ca. 12km vor dem Ort auf einer Piste bis zu einem Wasserkraftwerk (Hidroelectrica) fahren und dann die verbleibenden 12km zu Fuss durch den Bergurwald laufen. Und zwar direkt neben den Bahngleisen.

Oder man nimmt halt gleich den Zug. Da dieser auch schon direkt aus Ollantaytambo fährt und der Bahnhof wie gesagt 200m von unserer Baustelle entfernt liegt, sind wir also direkt mit dem ersten Morgenzug nach Aguas Calientes gefahren.

Der Zug ist toll und die Fahrzeit nach Aguas Calientes beträgt ca. 1,5 Stunden.

Die "Hauptstrasse" von Aguas Calientes ist quasi das Bahngleis:

Ansonsten fällt der Ort durch die vielen Menschen, die alle zum Machu Picchu hochwollen sowie durch ebensoviele Sandfliegen, die eben diese Menschen bei lebendigem Leibe auffressen wollen unangenehm auf.

Von Aguas Calientes aus gibt es dann wieder zwei Möglichkeiten auf den Machu Picchu zu gelangen.

Die Erste: es fährt ein Bus !
Die Zweite: zu Fuss. Der Fussweg folgt allerdings im wesentlichen der Serpentinenstrasse für die Busse.
Man braucht nur die Kurven nicht laufen, da gibt es steile Treppen aus Inka-Zeiten.
Alle auf dem Fussweg sahen irgendwie unglücklich aus. Erstens sind sie vermutlich bereits die erwähnten 12km
gelaufen und sehen sich jetzt mit dem steilen Aufstieg konfrontiert und zweitens müssen sie jetzt auch noch den Bussen aus dem Weg springen, die hier im Minutentakt die Touris hochkarren. Uns eingeschlossen, im Urwald sind wir genug gewandert - heute machen wir die Pussy-Tour !

Oben angekommen befindet sich dann die Ticketbude zum Machu Picchu.
Weil wir so früh dran sind, liegt alles noch in Wolken und Nebel - später ändert sich das:

Wie es uns gefallen hat ? Wir wollen es mal so ausdrücken: die Inka-Architektur, die Landschaft und wie sich das ganze in die Landschaft einfügt ist atemberaubend und natürlich sind wir froh und glücklich, hier sein zu können.
Allerdings besuchen trotz der frühen Stunde ca. 3000 weitere Touristen diesen Flecken. Alles ist perfekt durchorganisiert. Kein Chaos, kein Schlangestehen. Computer, Barcode, Massenabfertigung. Es spuckt jede Minute ein Bus ca. 50 neue Touris aus. So viele sind auf den Fotos nicht zu sehen , allerdings haben wir uns bei den Bildern diesbezüglich auch extra Mühe gegeben.

Bei Spiegel-Online gab es vor einiger Zeit mal einen Artikel über "die dümmsten online-Kommentare von Reisenden".
Einer davon war: "Machu Picchu ist wie ein Zahnarztbesuch - unangenehm, aber es muss sein..."
Am Ende des Tages finden wir das auch ein bischen - eine Peru-Reise wäre nicht komplett ohne diesen Berg, aber es gibt hier deutlich schönere und vor allem entspanntere Flecken...

Und noch etwas anderes: andere Länder, andere Sitten:

Morgen fahren wir nach Cusco. Das ist zwar nicht weit von hier, aber wir wechseln den Campingplatz, weil wir uns die Stadt anschauen wollen.

13.09.2015

Heute habe wir ausgeschlafen und nach einem ausgiebigen Frühstück brechen wir auf. Nach kurzer Fahrt erreichen wir das "Camping Quinta Lala" in Sacsaywaman (wird übrigens "Sexywoman" ausgesprochen).

In Sacsaywaman, qasi direkt gegenüber unseres Platzes gibt es schon wieder alte Inka-Steine zu bestaunen. Wir haben aber erstmal genug davon, wir Banausen.

Zur Stadtmitte von Cusco ist es nicht weit. Das Camping liegt am Berg oberhalb von Cusco und zum Plaza de Armas sind es nur 20 Minuten zu Fuss.

Unsere Stadtbesichtung mussten wir leider etwas abkürzen, da es angefangen hat zu regnen und zu gewittern.

Jetzt sitzen wir in unserem gemütlichen Fliwatüt, Barbara kocht etwas leckeres und wir muckeln die Standheizung hoch und gucken den Spätfilm auf dem Tablet während der Regen gegen die Persenning pladdert.

Eine Maschine voll Dreckwäsche haben wir auch schon gewaschen.

Der Campingplatz hat ein sehr internationales Publikum, neben uns steht ein VW-Bus aus Deutschland, ein Kanadier, ein Niederländisches Womo und ein Womo aus der Schweiz. Wir sind also die einzigen "locals" mit Peruanischem Nummernschild !

14.09.2015

Tja, Cusco war dann leider definitiv der Scheitelpunkt unserer Reise. Ab jetzt sind wir dann definitiv auf dem Rückweg. Schade.

Unser Auto müssen wir am 17.09. in Lima abgeben, auf dem Weg durch die Anden empfielt Alberto ein Camping mit Rafting-Möglichkeit. Au ja, Wildwasserfahren - das wollen wir.

Das Camping "La Huerta" in Yaca ist ein liebenswerter, kleiner Familienbetrieb. Unsere "Campingplatz"-Herbergsmutti war klasse, Ihre beiden Söhne betreiben das Rafting-Business. Nebenbei hat die Familie noch eine kleine Landwirtschaft: ein paar Obstbäume und ein kleine Schafsherde auf dem Berg. Eins der Schafe hatte gerade Zwillinge gelammt aber nur genug Milch für ein Lamm. Das zweite Lamm wird also gerade liebevoll von Hand großgezogen - es folgt der Familie auf Schritt und Tritt und schläft bei Opa mit im Bett:

Wir sind die einzigen Gäste hier. Als Jochen versucht, im Funkloch der Anden eine Claro-Internetverbindung zustande zu bekommen wird er flugs zu einer staatlichen Institution in einem kleinen Büro in der Nähe gebracht. Wir haben nicht genau verstanden, was diese Institution eigentlich macht, aber der Behördenchef bietet an, dass wir deren WLAN nutzen dürfen. Wirklich sehr nett. Die Sekretärin schiesst noch ein Erinnerungsfoto von uns - ob wir morgen in der Lokalzeitung sind ? Wir kaufen noch ein paar Kleinigkeiten im örtlichen Krämerladen ein und besichtigen eine verlassene Hacienda aus Kolonialzeiten. Wir schlafen wie die Murmeltiere...

15.09.2015

Am Morgen fährt der familieneigene Kleinlaster uns und das Schlauchboot eine Weile bergauf. Zwischendurch haben wir noch ein paar Leute zugeladen - wer auch den Berg hoch will, fährt eben mit. So funktioniert das hier.
Wir hatten einen jedenfalls einen Riesenspass und wir glauben unsere Gastgeber auch. Es ist uns auf unserer Reise immer wieder aufgefallen: unglaublich, wie herzlich und hilfsbereit die Leute hier sind. Unser "Spanglish" hat sich um weitere 15% ins Spanische gedreht und wir haben auch schon unsere ersten Worte in Quechua gelernt.

Videoclip: Rafting auf dem Apurimac

Nach dem Rafting-Spass trocknen wir unsere pitschnassen Klamotten noch ein wenig auf der Leine und machen uns dann auf zur nächsten Etappe.

Weit wollen wir heute nicht mehr, es sind nur zwei Stunden Fahrt bis zum nächsten Wegpunkt in Albertos GPS.

Das Hotel Tampumayo in Chalhuanca hat laut Albertos Wegpunkt-Liste Stellplätze für Wohnmobile. "If the gate is closed, honk !", so steht es in seiner Beschreibung.

Das Gate ist zu, also honken wir. Und honken. Und honken.

Irgendwann taumelt eine Frau schlaftrunken aus dem Haus und öffnet grummelnd das Tor. Aber klar können wir hier übernachten !

Das Tampumayo ist mehr ein kleines Dorf als ein Hotel. Verschiedene Gebäude sammeln sich um einen kleinen zentralen Platz, es gibt einen Dorfspringbrunnen und sogar eine kleine Kirche. In der Anlage laufen neben den obligatorischen Hunden (die immer und überall dankbare Abnehmer für unser altes Brot waren) auch Lamas und Pfauen herum. Alles in allem sehr nett gemacht. Obwohl wir mal wieder die einzigen Gäste sind, wird für uns das Restaurant geöffnet und gekocht. Nachts bricht ein Sturm los, unserer mobilen Behausung kann der allerdings nichts anhaben. Nur Jochens Wanderstiefel - immer noch nass vom Wildwasser und zum trocknen ans Auto gehängt - sind jetzt noch nasser.

16.09.2015

Heute ist der vorletzte Fahrtag, wir verlassen die Anden und erreichen am Nachmittag Nasca.

Wieder versuchen wir es im Maison Suisse, diesmal wäre offen gewesen, aber das Restaurant hat zu. Wir haben heute Hochzeitstag, selber kochen wollen wir nicht. Wir nehmen etwas anderes - das Etablissement vom letzten mal war nicht schlecht, aber der Mensch lebt ja auch von Abwechslung. Also nehmen wir diesmal das "Nasca Oasis". Auch hier bietet man uns für kleines Geld einen Camperstellplatz nebst Klo-, Dusch- und Poolbenutzng an.

Über das Internet erreicht uns die Nachricht, dass es in Chile ein schweres Erdbeben gegeben hat und dass nun für die gesamte Küstenregion Perus eine Tsunami Warnung herausgegeben wurde. Die armen Chilenen sind aber auch wirklich Erdbeben-gebeutelt, hoffentlich ist nicht zuviel passiert.

Wir machen uns ein bischen Sorgen wegen unserer Rückreise, da ein Teil der Strecke direkt an der Küste entlangführt. Schon auf dem Hinweg haben wir diverse Hinweisschilder mit "Tsunami Evacuation Route" gesehen. Na, wird schon...

Von Nazca nach Lima sind es ca. 400km, das bedeutet hier ca. 7-8h Fahrzeit.

17.09.2015

Relativ früh brechen wir nach Lima auf - die Tsunami-Warnung wurde zum Glück aufgehoben.

Nach Fahrt durch die Wüste erreichen wir auf guter Strasse Paracas und irgendwann beginnt dann die Autobahn Richtung Lima.

Natürlich werden wir wieder einmal von der Polizei angehalten, aber wie immer ist es ein "Hallo, wie geht es Euch, wie gefällt Euch Peru?"

Den Weg zu Alberto finden wir dank des GPS ohne Probleme. Wir werden wieder ins Hotel gebracht und verabschieden uns. Wir müssen es nochmal betonen: dieser Service geht weit über den einer Autovermietung hinaus - ¡Muchas gracias Señor Sacio !

Am Nachmittag - wir fühlen uns jetzt etwas nackt ohne Auto - gehen wir noch ein wenig in Miraflores shoppen. Miraflores - das wissen wir jetzt - hat aber auch so rein gar nichts mit dem restlichen Peru zu tun....


Vermutlich der einzige Radweg in Peru:

Blick aus unserem Hotelzimmer-Fenster im 10. Stock:

Der Pazifik:

Der Online Check-In bei Avianca klappt reibungslos, wir erhalten unsere Bordkarten als pdf und schicken unserem Hotel eine email mit der Bitte, diese auszudrucken. Abends gehen wir nochmal schick essen, diesmal Arabisch. Leider ist das Essen völlig versalzen, aber egal.

Es ist ein bischen ungewohnt, in diesen sauberen Hotellaken zu schlafen - eigentlich wünschen wir uns das Auto zurück, mit dem wir gerade so gut verwachsen waren.

18.09.2015

Um 7.30Uhr bringt uns ein Taxi zum Flugplatz. Die Fahrt zum Flugplatz - diesmal tagsüber - dauert wegen des vielen Verkehrs in Lima doppelt solange wie auf dem Hinweg. Heute fliegen wir mit Taca/Avianca nach Caracas und von dort mit Lufthansa weiter nach Frankfurt und Hamburg.

Die Reise verläuft unspektakulär, wir stellen jedoch fest, dass sich die Lufthansa in Sachen Beinfreiheit mal 3 Scheiben bei der Firma Taca/Avianca abschneiden sollte. In Hamburg angekommen stehen wir dann zuletzt doch recht einsam am Gepäckband. Die LH-Gepäckermittlung stellt dann fest, das unser Gepäck wohl noch in Caracas weilt. Na - egal, ist eh nur Dreckwäsche drin - das nimmt dann auch den Zwang, alles sofort waschen zu müssen.

Jetzt wird erstmal geschlafen !

Schlussworte

Und zum Schluss noch ein paar Bemerkungen...

..zum ThemaSicherheit:

Natürlich haben wir ausführlich die Reiseführer, die Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amtes usw. studiert. Wir können ausserdem sagen, dass wir einigermassen "reiseerfahren" sind. Trotzdem - oder gerade deswegen -würden wir uns mit einem Camper in Südamerika nicht unbedingt Nachts an eine einsame Landstrasse stellen. Und es gibt ja nicht überall Campingplätze. Am schönsten ist natürlich immer ein abgeschlossener Platz. Viele Hotels erlauben gegen einen kleinen Obolus, auf deren Parkplatz zu campen, Bad und WC meist inbegriffen. Zur Not: eine 24h geöffnete Tankstelle, an der auch Fernfahrer übernachten. Die Stellpllatzliste von Alberto hat uns ungemein geholfen - wir mussten nicht lange suchen und haben immer "sicher übernachtet". Darüber hinaus gilt: Nachfahrten vermeiden ! Das alles und ein bischen gesunder Menschenverstand und Peru sollte für keinen Camper ein Problem darstellen.

...zum Thema Hygiene:

Peru ist kein "Erste Welt Land".

Das Wasser aus der Leitung ist nicht trinkbar. Nirgendwo. Auch nicht zum Zähneputzen benutzen. Beim Duschen: Mund zu! Lebensmittel werden hier anders "gehändelt": wenn man z.B. ein Stück Käse in einem kleinen Dorfladen kauft, dann liegt der in der Regel lose und ohne Kühlung im Regal. Direkt daneben schläft die Katze. Und das frisch geschlachtete Hühnchen liegt neben der Tageszeitung und den Keksen auf dem Tresen. Ebenfalls ungekühlt. Es ist wie es ist: übertriebene Vorsicht haben wir aufgegeben, denn Durchfall bekommt man sowieso. Sobald man adaptiert ist, geht der auch wieder weg. Allerdings: eines ist uns aufgefallen: alle öffentlichen Toiletten, die wir gefunden und aufgesucht haben - egal ob auf dem Land oder in der Stadt waren blitzsauber. Vielleicht hatten wir einfach nur Glück, aber so etwas ist uns bisher in keinem Land so aufgefallen.

...zum Thema Autofahren:

Vergesst die Deutsche Art zu fahren, sonst geht Ihr unter ! Wie schon im Abschnitt Puno erwähnt:

Der Peruaner fährt in keinster Weise defensiv. Auch nicht aggressiv. Er fährt "progressiv", daran müssen wir uns gewöhnen. Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Eine Lücke schaffen und andere hereinzulassen - damit ist hier eher nicht zu rechnen. LKWs die links blinken signalisieren, dass der Weg zum Überholen frei ist. Meistens. Warnblinker an heisst "ich will anhalten oder gleich links abbiegen". Ein Arm schlaff aus dem Fenster gehalten heisst: "jetzt biege ich ab, komme, was da wolle !" Wichtig ist: mitschwimmen - nicht aggressiv sondern progressiv !

... und ein allerletzter Satz:

Unser Peru-Fazit: toll, einfach toll ! Great country, great people !